Anfallsformen

Man unterscheidet zwei Hauptformen epileptischer Anfälle, den generalisierten und den fokalen Anfall. Ein generalisierter Anfall liegt vor, wenn von Anfang an das ganze Gehirn von Entladungen der Nervenzellen erfasst wird.

Finden die Entladungen nur an einem Ort im Gehirn statt, dem so genannten Herd oder Fokus, so spricht man von einem fokalen Anfall. Breiten sich die Entladungen anschliessend über beide Gehirnhälften aus, spricht man von einer bilateralen Ausbreitung des Anfalls. Medizinische Fachleute unterscheiden anhand von klinischen Symptomen und EEG-Befunden verschiedene Anfallsformen.

Absencen

Absencen sind «kleine», sehr kurze Anfälle ohne Krampfen. Führendes Zeichen ist eine kurze «Abwesenheit» mit fehlender Ansprechbarkeit und Erinnerungslücke. Absencen kommen bei Klein- und Schulkindern am häufigsten vor und sind bei Kindern die mit Abstand häufigste Form epileptischer Anfälle. Mit zunehmendem Alter werden sie immer seltener.

Myoklonische Anfälle

Myoklonische Anfälle zeichnen sich aus durch plötzliche, «einschiessende» und kurzdauernde Zuckungen meist umschriebener Muskelgruppen des Körpers mit einem dadurch bewirkten Bewegungseffekt ohne Bewusstseinsstörung. Manche myoklonische Anfälle betreffen nur die Schulter- und Armmuskulatur, bei anderen Formen können alle Muskeln beteiligt sein. Die Stärke kann sehr unterschiedlich sein. Myoklonische Anfälle gehören meist zu den generalisierten Anfällen und können in jedem Lebensalter vorkommen, beginnen aber am häufigsten in der Pubertät.

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Erklärvideo zu Anfallsformen

Epileptische Anfälle können ganz unterschiedlich aussehen.

Fokale Anfälle

Fokale Anfälle beginnen in einem umschriebenen Abschnitt des Gehirns, zum Beispiel in einem Teil des Schläfenlappens oder im Stirnlappen. Zum Teil bleiben sie auch auf diesen Abschnitt beschränkt. Sie können mit oder ohne Bewusstseinsstörung auftreten und sehr unterschiedliche Formen annehmen. Teilweise sind sie für Fremde kaum zu bemerken.

Bei nicht bewusst erlebten Anfällen wirken die Betroffenen abwesend entrückt, losgelöst ohne normalen Kontakt, wie in Trance oder im Traum; die Betroffenen weisen danach eine Erinnerungslücke für das Geschehene auf.

Tonisch-klonische Anfälle

Generalisierte tonisch-klonische Anfälle sind die dramatischste Form epileptischer Anfälle, früher auch Grand mal genannt. Diese Anfallsart hat drei Phasen. Zeichen der tonischen Phase sind Bewusstlosigkeit, Sturz, Versteifung des ganzen Körpers sowie ein kurzer Atemstillstand und weite, lichtstarre Pupillen. In der klonischen Phase treten ein grobes Zucken im Gesicht sowie an Armen/Beinen und Rumpf auf, meist setzt die Atmung wieder ein. In der Nachphase kehrt das Bewusstsein kehrt zurück, die Atmung normalisiert sich und die/der Betroffene ist erschöpft.

Grand mal-Anfälle können sich auch aus fokalen Anfällen entwickeln. Man nennt sie dann bilateral ausgebreitete tonisch-klonische Anfälle. Manchmal kann hinterher aus Schilderungen oder Beobachtungen auf den Ausgangspunkt des Anfalls im Gehirn geschlossen werden.

Flyer «Anfallsformen»

Status epilepticus

Als Status epilepticus werden länger als fünf Minuten anhaltende einzelne epileptische Anfälle oder so rasch aufeinander folgende Anfälle bezeichnet, bei denen es zwischenzeitlich nicht zu einer Erholung kommt. Es gibt epileptische Staten mit und ohne Krampfen und solche mit und ohne Bewusstseinsverlust. Ein generalisierter konvulsiver Status epilepticus ist ein lebensbedrohlicher Notfall und muss sofort konsequent behandelt werden, aber auch die anderen Formen erfordern rasche Diagnose und sofortiges entsprechendes Handeln.

Autoren: Günter Krämer, Stephan Rüegg; letzte Aktualisierung dieser Seite: Mai 2023.

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