Margitta Seeck

Margitta Seeck

Margitta Seeck ist eine der wenigen Professorinnen mit Spezialgebiet Epilepsie; seit 2011 engagiert sie sich im Vorstand der Epilepsie-Liga. Im Gespräch verrät sie, welchen Sinn Richtlinien haben und warum sie noch Kontakt zum Chef einer IT-Firma in London hat.

Epilepsie-News: Wie kamen Sie zur Neurologie?

Ich hatte zuerst Psychologie studiert, das Nervensystem hat mich also interessiert. Ausserdem hiess es, Neurologie sei am schwierigsten – das hat mich gereizt. Zur Epilepsie kam ich dann eher zufällig.

An welchen Patienten können Sie sich noch gut erinnern?

An einige! Ein junger Mann hatte trotz Medikamenten immer wieder Anfälle. Sein Neurologe sagte ihm, er käme nicht für eine Operation infrage. Dank seiner hartnäckigen Freundin bat er uns um eine Zweitmeinung. Tatsächlich war seine Epilepsie sehr gut operabel. Seit seiner Operation ist er anfallsfrei und muss auch keine Medikamente mehr nehmen. Heute leitet er eine grosse IT-Firma in London – gelegentlich haben wir noch Kontakt.

Gibt es auch Forschung, die den Patienten nützt?

Ich engagiere mich beispielsweise dafür, dass alle gleich nach einem ersten Anfall direkt zu Neurologen kommen, die auf Epilepsie spezialisiert sind. Dafür haben wir verglichen, wie es den unterschiedlich betreuten Patientengruppen nach einigen Jahren geht. Das Ergebnis: Wer direkt von Spezialisten betreut wird, hat durchschnittlich weniger Notfälle und nimmt seine Medikamente regelmässiger. Nur ist es nicht leicht, das in der Praxis auch überall durchzusetzen.

In einer länderübergreifenden Arbeitsgruppe haben Sie Richtlinien formuliert  zum Thema Abklärungen für eine Epilepsie-Operation. Was bringen sie?

Sie helfen, das Richtige zu tun. Gerade konnten wir in einer Studie, die etliche Epilepsiezentren in Europa umfasst, den Erfolg dokumentieren: Seit Einführung der Richtlinien kommen die Patientinnen und Patienten etwas früher zu den Spezialisten, und die Zahl der Operationen hat zugenommen. Ausserdem haben sich die Ergebnisse verbessert, d.h. mehr Operierte haben danach keine Anfälle mehr.

Ein schöner Erfolg! Und warum gibt es bei uns keine Richtlinien für ein Vorgehen nach dem ersten Anfall?

Die würde ich mir wünschen! Das betrifft natürlich viel mehr Ärztinnen und Ärzte als nur solche, die auf Operationen spezialisiert sind. Entsprechend schwierig wäre es, Regeln zu beschliessen und auch durchzusetzen. Zumindest im vielfältigen Schweizer Gesundheitssystem.

Wie verbringen Sie am liebsten Ihre Freizeit?

Ich wandere gerne in den Schweizer Bergen und gehe in die Oper oder auch an Jazzkonzerte.

Mussten Sie sich eigentlich als Frau in Ihrer Karriere besonders durchsetzen?

Es gibt immer noch Orte, wo keine Frauen dazu gebeten werden. Zu den Pionieren zu gehören, strengt dann manchmal an. Aber meine Erfahrung ist: Was ich wirklich will, schaffe ich auch.

 

Prof. Dr. Margitta Seeck leitet seit 2007 die Abteilung für EEG und Epileptologie am Universitätsspital Genf (HUG), seit 2015 ist sie Professorin. Dem Vorstand der Epilepsie-Liga gehört sie seit 2011 an. Sie wurde im deutschen Westfalen geboren, studierte und arbeitet u.a. in München, Boston und Berlin und hat heute einen Schweizer und einen deutschen Pass. Im Frühling 2018 erhielt sie für ihre Forschung den Berger Award, der nur alle vier Jahre vom internationalen Verband für klinische Neurophysiologie (IFCN) vergeben wird.

Artikel aus Epilepsie-News 2/2018