Der diesjährige Forschungs-Förderungspreis der Schweizerischen Epilepsie-Liga geht an zwei Projekte aus Genf und Zürich, die sich beide mit der Hirnstrommessung befassen. Im Erfolgsfall könnten sie neben den Diagnosen auch die Behandlungsmöglichkeiten verbessern. Der Preis ist insgesamt mit CHF 25’000 dotiert.
Juni 2024 – Im Forschungs-Förderungspreis der Epilepsie-Liga 2024 geht es zweimal um bessere Auswertung und Interpretation von EEGs. Das Elektroenzephalogramm, kurz EEG genannt, ist ein Herzstück der Epilepsie-Diagnostik. Es misst die Hirnströme meist an der Schädeldecke und liefert wichtige Hinweise, beispielsweise ob nach einem erstmaligen epileptischen Anfall eine Behandlung notwendig ist oder wo im Gehirn die Anfälle entstehen. Für die Prognosen anhand von EEGs besteht noch Verbesserungspotential, das beide Projekte auf unterschiedliche Weise erkunden.
Muster effizienter erkennen
Die eine Hälfte des Preises geht an Filippo Costa (Universität Zürich) und Debora Ledergerber, Ph.D. (Klinik Lengg) aus Zürich. Sie befassen sich mit «Neuromorphic real-time detection of patient-specific epileptiform patterns» (Neuromorphe Echtzeit-Erkennung von individuellen epileptiformen Mustern).
Im «Neuromorphic Computing» geht es darum, Software nach dem Vorbild des menschlichen Gehirns zu gestalten. Dem Forschungsteam ist es bereits gelungen, einen Algorithmus zu entwickeln, der Epilepsiesignale im EEG erkennt und hochkomprimiert aufzeichnen kann. Nun wollen sie ihn weiterentwickeln, so dass er sich auch über mehrere Stunden während Kognitionstests und im Epilepsiemonitoring einsetzen lässt. Die Signale des Algorithmus können in Echtzeit dargestellt werden, so dass erfahrene Epileptolog*innen die Ergebnisse laufend überprüfen und verbessern können.
Mittelfristig ist denkbar, den Algorithmus mit implantierbaren Elektroden zum Dauer-Monitoring zu verwenden. Rückmeldungen des Geräts könnten dann individuelle Behandlungen präziser machen und behandelnden Ärzt*innen die Möglichkeit geben, die epileptiformen Muster über längere Zeit zu quantifizieren.
«Wenn der Algorithmus über mehrere Stunden oder mit einem Implantat sogar über Monate EEG-Aufzeichnung Feedback in Echtzeit gibt, könnten Patient*innen anhand dieser Daten eines Tages zum Beispiel vielleicht früher wieder Auto fahren, oder eine Hirnstimulation kann explizit bei Bedarf aktiv sein», sagt die Präsidentin der Epilepsie-Liga, Prof. Dr. med. Barbara Tettenborn.
Epilepsie-Netzwerke individuell messen
Eric Ménétré (Ph.D.) vom HUG, dem Universitätsspital in Genf, gewinnt die andere Hälfte der Preissumme für sein Projekt «Development of a pipeline to determine EEG connectivity on an individual level» (Entwicklung einer Software-Pipeline zur Bestimmung der EEG-Konnektivität auf individueller Ebene). Bisherige Studien haben gezeigt, dass epileptische Netzwerke im Gehirn auch in einem visuell normalen EEG erkannt werden können, also ohne einen eindeutigen Epilepsieherd.
Neu an dem Projekt ist der Einsatz dieser Messungen auf individueller Ebene. Anhand vorhandener und neuer Daten werden individuelle Hirnnetzwerke der untersuchten Betroffenen berechnet und visualisiert. Zusätzlich könnte ein selbstlernendes System («machine learning») so den Epilepsieherd orten.
Im Erfolgsfall könnte die EEG-Konnektivität in Zukunft in der klinischen Praxis routinemässig analysiert werden. Das neue Tool könnte nicht nur helfen, Epilepsien besser zu diagnostizieren und zu behandeln, sondern Prognosen nach einem Hirnschlag oder bei Demenzen verbessern. «Vielleicht bedeutet dieses Projekt den ersten Schritt zur EEG-Präzisionsmedizin», kommentiert Barbara Tettenborn.
Die Preise werden am 6. Juni 2024 in Basel im Rahmen der Tagung der Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft verliehen, wo die Epilepsie-Liga Gastgesellschaft ist. Anschliessend findet die Mitgliederversammlung der Epilepsie-Liga statt.
Ausschreibungen für 2025
Der Forschungsförderungspreis der Schweizerischen Epilepsie-Liga in Höhe von CHF 25‘000 wird für 2025 wieder ausgeschrieben. Er wird jährlich in der Schweiz tätigen Wissenschaftlern als Anschubfinanzierung für Forschungsvorhaben vergeben. Insbesondere soll die Erforschung von Ursachen und Behandlungen der Epilepsie gefördert werden.
Weitere Informationen und Richtlinien: https://www.epi.ch/forschungsfoerderung
Voraussichtlich nimmt die Liga ausserdem Bewerbungen für den Alfred-Hauptmann-Preis entgegen, der die besten wissenschaftlichen Arbeiten mit insgesamt €20’000 auszeichnet.
Weitere Informationen: https://www.epi.ch/hauptmannpreis
Die Ausschreibungen laufen bis zum 31. Dezember 2024.